Verfasst von: aeropersredaktion | 05/10/2015

Drastische Preissenkungen bei Ryanair

Ryanair-Chef O´Leary träumt von Null Euro Tickets…  

…während seine Piloten sich um ihre Existenz sorgen.

Wieder einmal hat Herr O´Leary eine medienwirksame PR-Aktion ins Leben gerufen, basierend auf Unwahrheiten und unter Verschleierung illegaler Anstellungsverhältnisse. Tickets für Null Euro – ein Traum für Passagiere und ein Alptraum für die Mitarbeiter.

Es ist unstreitig, dass Ryanair ein erfolgreiches Geschäftsmodell betreibt, welches Jahr für Jahr grosse Gewinne generiert. Aber auf wessen Kosten?

Ryanair spart gnadenlos beim eigenen Personal und hat miserable Arbeitsbedingungen. Die meisten Piloten sind nicht angestellt bzw. arbeiten als „Selbständige“ – ohne Kranken- und Sozialversicherung, ohne Absicherung gegen Berufsunfähigkeit sowie ohne Pensionskasse. Dies ist nicht nur unmoralisch, es schadet zwangsläufig der Flugsicherheit. Denn um Sicherheit und Zuverlässigkeit zu gewährleisten, muss sich ein Pilot auf seine Arbeit im Cockpit konzentrieren und nicht von ständiger Existenzangst geplagt sein.

Diese fragwürdigen Methoden haben in einigen Europäischen Ländern bereits zu Gerichtsverfahren gegen Ryanair geführt. So musste Ryanair in Frankreich, wegen Missachtung des Französischen Arbeits- und Sozialrechts, neun Millionen Euro Schadenersatz zahlen. In Norwegen haben Flugbegleiter gegen Ihre Entlassungen geklagt. Dabei wurden Details zum Inhalt der „Arbeitsverträge“ endlich auch der Öffentlichkeit bekannt.

Diese Verträge beinhalten unter anderem, dass die „Angestellten“ ihre Ausbildung, Uniformen, Ausweise und jegliche Verpflegung während des Flugs selbst bezahlen müssen. Bezahlten Krankenurlaub gibt es nicht, Abwesenheit vom Arbeitsplatz – egal warum – wird mit Lohnabzug bestraft. Den Angestellten stehen vier Wochen Ferien zu. Diese müssen lange vorausgeplant werden und können von Ryanair jederzeit gestrichen werden. Passiert dies, gibt es ebenso wie bei der Wochenendarbeit keine Lohnzuschläge. Auch Pikettdienste, zu denen alle verpflichtet sind, werden nicht entschädigt.

In Deutschland wurden Ermittlungen gegen mehr als 50 Piloten wegen Scheinselbständigkeit aufgenommen; es bestehe der Verdacht, dass die Beschuldigten keine Sozialversicherungsbeiträge abführten und ihre Selbstständigkeit nur vortäuschten….. Paradox – stammt doch genau diese Idee von Herrn O´Leary.

Bei einer Untersuchung der Ryanair Pilot Group (RPG) hatten 72,6 Prozent der Befragten angegeben, das Unternehmen verlassen zu wollen. Und: mehr als 95 Prozent der Ryanair-Piloten können keinen regulären Sommerurlaub nehmen. Fast 30 Prozent sind mit ihrem aktuellen Stationierungsort unzufrieden. 85,7 Prozent der befragten Piloten möchten direkt bei Ryanair angestellt sein, tatsächlich ist es aber nur etwa jeder Vierte, wie es in der Mitteilung hiess.

Allerdings gibt es nicht nur bei Ryanair Probleme. Für eine Studie waren im vergangenen Jahr rund 6600 europäische Piloten befragt worden. 16 Prozent der Befragten gaben an, in atypischen Beschäftigungs-verhältnissen zu arbeiten. Besonders hoch sei die Quote mit 47 Prozent bei Piloten der Low-Cost-Airlines, hieß es. Neben kostenpflichtigen Trainings-Beschäftigungsverhältnissen gelten in der Studie unter anderem befristete Anstellungen, Scheinselbständigkeit sowie die Einstellung von Piloten über Personaldienstleister als „atypisch“.

An dieser Stelle eine Frage. Als Ryanair-Pilot wird man nur bezahlt, wenn man fliegt (ohne Garantie einer Mindeststundenzahl!). Was passiert denn dann, wenn man krank ist? Man verdient kein Geld – logisch. Also fliegt man auch, wenn man krank ist. Oder? Und jetzt kann es gefährlich werden. Denn ein Pilot darf nur fliegen, wenn er „fit to fly“ ist. Wenn er krank ist, ist er das nicht. Aber er hat keine Wahl. Der Passagier aber, der hat eine Wahl.

Jeder Passagier sollte sich mal ein paar Gedanken zu den wahren Ticketkosten machen – denn die beworbenen Preise sind schlussendlich Mogelpackungen. Jede Leistung – neben dem Flug an sich – kostet extra. Und diese Extrakosten sind dann auch noch verschleiert – nicht umsonst bemängeln Verbraucherschützer in zahlreichen Europäischen Ländern die Rechtmässigkeit des Vorgehens der irischen Fluglinie.

Die Basis des wirtschaftlichen Erfolges der Ryanair wird übrigens nicht durch die Ticket-Preispolitik gelegt, sondern durch eine einzigartige und clevere Flottenstrategie. Ryanair kauft seine neuen Flugzeuge in grossen Mengen und erhält deshalb von Boeing bis zu 50% Rabatt auf den eigentlichen Verkaufspreis, den andere Airlines zahlen müssen. Diese Flugzeuge werden dann entweder so kurz genutzt, dass bis auf den Fuel keine Betriebskosten anfallen oder sogar direkt weiterverkauft – beides Mal mit ordentlichem Gewinn.

Fair Competition sieht anders aus!


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  1. […] Ein Artikel der AeroPers / SwissAlp […]

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